^ Europasprache Latein - Lingua latina, lingua Europae

Länder Europawortschatz
Latein war jahrhundertelang die internationale Verkehrssprache Europas. Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit (vor dem Aufkommen nationaler Strömungen) verständigte man sich europaweit in einer Sprache, die zwar niemand als Muttersprache erlernte (in diesem Sinne "tot" war), die aber dennoch als überregionale Verkehrssprache Europas in Gebrauch stand (in diesem Sinne "lebend" ist). Unzählige Werke der europäischen Kultur- und Geistesgeschichte sind in lateinischer Sprache verfasst (Fachtexte), tausende Fremdwörter sind in den Universalwortschatz der meisten europäischen Sprachen aufgenommen worden. (Am Beispiel des englischen Texts der Declaration of Human Rights können Sie sehen, wieviel das moderne Englisch dem Lateinischen verdankt.)

Latein stand und steht als Integrationssprache Europas bis heute über allen Nationalsprachen; auch heute noch greift man gerne auf Latein zurück, wenn über Sprachgrenzen hinweg ein international akzeptierter Begriff gesucht wird. Daher finden sich lateinische Begriffe nicht nur in Werbung (multi, vita, color ist allgemein verständlich) und Wirtschaft, (viele Firmen und Vereine schmücken sich mit lateinischen Namen); große Europäer, die sich - natürlich - auf Latein äußerten, geben Ihren Namen Projekten und Organisationen, die fächerübergreifende Bildung und Zusammenarbeit fördern (z.B.: Erasmus, Comenius, Leibniz). Auch die Politik greift in sensiblen Bereichen auf Latein zurück, wenn ein Kompromiß zwischen mehreren Sprachen gesucht wird, in der keiner der Vorrang eingerämt werden soll. Daher nennt sich die Schweiz lateinisch Confoederatio Helvetica (CH) und bevorzugt damit keine der vier Landessprachen (auch die Bezeichnung Austria für Österreich ist lateinisch).

Im selben Licht kann man auch den Versuch Finnlands sehen, aktuelle Neuigkeiten der finnischen EU-Präsidentschaft (2. Halbjahr von 1999) neben Englisch auf Latein (Zugang über > News > Conspectus rerum Latinus) zu präsentieren. Dabei ist bemerkenswert, dass Finnland jenes EU-Land ist, das am weitesten von Rom entfernt ist, das vielleicht nie ein Bewohner des Imperium Romanum betreten hat, und in dem überwiegend eine nichtindorgermanische (d.h. nicht mit dem Lateinischen verwandte) Sprache gesprochen wird. Außerdem gibt es Versuche, Latein als über allen Nationalsprachen stehende offizielle Amtssprache in der EU zuzulassen. Finnland zeigt damit, worin ein einigendes Band Europas besteht: in der lateinischen Tradition.

Fast alle europäischen Länder verweisen mit Stolz auf Personen, Gegenstände und Traditionen von nationalem Interesse, die aufs engste mit Latein verbunden sind.

Einige Länder als Beispiele

Österreich
Die lateinische Schenkungsurkunde, in der erstmals der Name Österreichs ("Ostarrichi") erwähnt wird, feierte 1996 ihren tausendsten Geburtstag.
Polen
Kopernikus (1473-1543) aus Torun in Polen schrieb seine Erkenntnisse, durch die das alte geozentrische Weltbild überwunden wurde, auf Latein nieder, nicht auf Polnisch oder Deutsch.
Großbritannien
Die Magna Carta (1215) ist ein englisches Dokument von Verfassungsrang, das auf Latein verfaßt wurde.
Dänemark
Der dänische Nationaldichter Ludvig Holberg (1684-1754) geißelte in einer populären, lateinischen Satire Mißstände seiner Zeit.
Frankreich
Der französische Philosoph und Sozialist Jaurès (1859-1914) erklärt in seiner 1891 verfaßten lateinischen Dissertation, daß Latein als Universalsprache dem wahren Sozialismus entspricht.
Finnland
Finnland sandte aktuelle Weltnachrichten auf Latein in den Äther und veröffentlichte während seiner EU-Präsidentschaft aktuelle Informationen auch auf Latein.
Italien
Die großen italienischen Dichter Dante (1265-1321), Boccaccio (1313-1375), Petrarca (1304-1374) schrieben mehr in Latein als in Italienisch.
Schweden
Der schwedische Naturforscher Carl von Linné (Linnaeus; 1707-1778) schuf eine bis heute unübertroffene Systematik zur Klassifikation von Pflanzen und Tieren
Niederlande
Der niederländische Philosoph portugisiescher Abstammung Baruch de Spinoza (1632-1677) lehrte die Einheit von Gott und Natur.
Irland
Zu den größten Schätzen Irlands zählt das im Dubliner Trinity College aufbewahrte Book of Kells, ein lateinisches Prachtevangeliar von ca. 800.
Spanien
Der Reisebericht des Christophorus Columbus (1451-1506) über die Entdeckung Amerikas fand erst in der lateinischen Version des Aliander de Cosco europaweit Verbreitung.
Tschechische Republik
Der große böhmische Pädagoge Jan Amos Komenský (1592-1670; Comenius) gilt als einer der ersten Sozialpädagogen der Neuzeit.
Schweiz
Die schweizerische Eidgenossenschaft bezeichnet sich lateinisch als Confoederatio Helvetica (CH).
Keine andere Sprache hat Europa mehr geprägt als Latein. Mehr als jede andere Sprache kann Latein als die gemeinsame Sprache Europas bezeichnet werden.