Fragesätze ^

Fragesätze können entweder selbständige Sätze sein (direkte Frage) oder von einem übergeordneten Satz abhängen (indirekte Frage). Direkte Fragen stehen gewöhnlich im Indikativ (Ausnahme: Soll-Frage mit Konj.: Quid faciam ? - Was soll ich tun ?). Indirekte Fragesätze (d.h. abhängige Fragen) stehen immer im Konjunktiv.

Man unterscheidet zwischen Ergänzungs-, Entscheidungs- und Doppelfragen.

Bestimmungs- oder Ergänzungsfragen

Die Frage nach einem bestimmten Satzglied wird wie im Deutschen durch ein Fragewort eingeleitet. Dieses beginnt im Lateinischen meist mit qu- (im Dt. meist w-).
 Die wichtigsten Fragewörter
Pronominaquis - wer (Frage nach Substantiv)
qui - welcher (Adjektiv, Attribut)
uter - wer von beiden
qualis - welcher, wie beschaffen
quantus - wie groß
quot - wie viele
Adverbien ubi - wo
unde - woher
quo - wohin
quando - wann
cur - warum
quam - wie (vor Adjektiven oder Adverbien)
quamdiu - wie lange
quomodo - wie (adverbielle Angabe)
Als Antwort erwartet man konkret das Satzglied bzw. den Satzteil, nach dem gefragt wurde.

Quis fuit Vergilius ? - Vergilius fuit poeta magnus. - Wer war Vergil ? - Vergil war ein berühmter Dichter.
Quando Caesar occisus est ? - Caesar Idibus Martiis occisus est. - Wann wurde Cäsar getötet ? - Cäsar wurde an den Iden des März getötet.

Entscheidungsfragen

Entscheidungsfragen beziehen sich auf den Inhalt des Satzes. Als Antwort wird "ja" oder "nein" erwartet. Im Deutschen werden sie durch die geänderte Wortstellung (Verb am Beginn des Satzes) gekennzeichnet. Da im Lateinischen die Wortstellung frei ist, wird die Frage anders angezeigt, und zwar durch eigene Fragepartikel (-ne, nonne, num). Diese können anzeigen, daß eine bestimmte Antwort erwartet wird.
 erwartete Antwort
 unbestimmtjanein
Latein-nenonne
(non + -ne)
num
Deutsch- (geänderte Wortstellung)doch ? nicht ? nicht wahr ?etwa ?
Österreichisch- (geänderte Wortstellung)"eh""leicht"

Beispiele
-ne wird an das betonte (meist das erste) Wort angehängt.
visne - willst du ? Volo / nolo.
egone - ich ?
Novistine hoc ? - Kennst du das ?
Putasne hoc satis esse ? - Glaubst du, daß das genug ist ?
Estne rex in hac urbe ? - Gibt es einen König in dieser Stadt ?
Fuistine Romae ? - Warst du in Rom ?

Nonne gaudes ? - Freust du dich nicht ? Du freust dich doch ?

Num hoc credis ? - Glaubst du das etwa ?

Antworten: Bejaht wird eine Entscheidungsfrage mit ita, sic (so; vgl. it. si), etiam (auch) oder durch affirmative Wiederholung des Satzes.
Verneint wird durch non (nicht), minime (im geringsten) oder durch Verneinung des Satzes.
z.B.: Nonne gaudes ? - Gaudeo. / Non gaudeo.
z.B.: Num hoc credis ? - Non credo / Minime.
Visne venire ? - Nolo venire: Willst du kommen ? - Nein (ich will nicht).

Abhängige Entscheidungsfragen werden (ohne Bedeutungsunterschied) mit -ne oder num eingeleitet.

Doppelfragen

Doppelfragen (Alternativfragen) bieten bereits in der Frage zwei oder mehr Möglichkeiten, aus denen der Antwortende wählen kann.
Diese Fragen werden meist mit utrum ("was von beiden") eingeleitet und mit an ("oder") weitergeführt.
Utrum hoc credis an non ? - Glaubst du das oder nicht ?
(= Credisne hoc an non ?)

Abhängige Doppelfragen werden entweder von keinem eigenen Wort, oder mit utrum oder -ne eingeleitet:
Utrum credis hoc an non ?
Credisne hoc an non ?
Credis hoc an non ?
Glaubst du das oder nicht ?

"Oder" bedeutet an, "oder nicht" an non bzw. in indirekten Fragen necne.

Rogo, utrum verum sit an falsum (sit). - Ich frage, ob es wahr ist oder falsch.
Rogo, utrum verum sit necne. - Ich frage, ob es wahr ist oder nicht.

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