Die lateinische Schrift ^

Die lateinische Schrift wurde über Vermittlung der Etrusker aus einem westgriechischen Alphabet übernommen. Sie ist heute die am weitesten verbreitete Schrift der Welt; in ihr werden die meisten Sprachen Europas geschrieben. Die lateinische Schrift kannte ursprünglich nur Großbuchstaben (Majuskeln), sie machte im Laufe der Zeit einige Veränderungen in Form und Zahl der Buchstaben durch, z.B. die Herausbildung von Kleinbuchstaben (Minuskeln) aus den Großbuchstaben.

A B C D E F G H I K L M N O P Q R S T V X Y Z

Das lateinische Alphabet der klassischen Zeit besteht aus 23 Buchstaben, die beiden letzten (Y und Z wurden erst in späterer Zeit aus dem Griechischen Alphabet übernommen und am Ende angefügt).

Das klassische Latein kannte weder eine Unterscheidung zwischen Groß- und Kleinbuchstaben (Majuskeln und Minuskeln) noch Satzzeichen. In modernen Textausgaben werden gewöhnlich das erste Wort des Satzes, sowie Eigennamen und deren Ableitungen mit großem Anfangsbuchstaben geschrieben (Roma, Romanus). Satzzeichen werden meist wie in Texten moderner Sprachen gesetzt (. ? ! , " ...).

Das Lateinische hat fünf Vokale (A E I O U), die entweder kurz oder lang gesprochen werden. Diphthonge (AE AU EU OE) sind immer lang (Quantität). Getrennt gesprochen werden die Vokale in aer, coegi, poeta.

Konsonanten werden eingeteilt nach der Artikulationsstelle im Mund (Labial, Dental, Tektal, Labiovelar) bzw. nach der Artikulationsart (stimmlos : stimmhaft; Verschlußlaute : Dauerlaute)
  LabialDentalTektalLabio-velar
Verschlußlaute (Okklusive)stimmlosptcqu
stimmhaftbdggu
Reibelaute (Frikative)stimmlosfs---
Halbvokalestimmhaftvi---
Nasenlaute (Nasale)mn---
Fließlaute (Liquide)---l / r---
Hauchlaute (Spirate)h

Doppelkonsonanten sind x (g+s, c+s, qu+s) und z (d+s).
Das Lateinische hatte ursprünglich drei verschiedene "k"-Laute (=> Aussprache), nämlich: C K Q, von denen K vor A und Q vor U, sonst C verwendet wurde. Im klassischen Latein ist K von C weitgehend verdrängt, es findet sich noch in einigen Einzelwörtern (Kalendae, Karthago), Q wird nur vor unsilbischem U verwendet (quis, quando, ...). Die Laute "k" (stimmlos) und "g" (stimmhaft) waren ursprünglich nicht voneinander geschieden; ab dem 3. Jh. v. Chr. wurde jedoch G durch Anbringung eines zusätzlichen Striches von C unterschieden. In der Abkürzung der Vornamen Gaius und Gnaeus hielt sich noch das alte C: C. (= Gaius), CN. (=Gnaeus).
Die Buchstaben der Halbvokale J und V, W wurden erst in Mittelalter und Neuzeit zur Unterscheidung von den Vokalen I und U eingefügt, und zwar unmittelbar nach den entsprechenden Vokalen. Der Römer schreibt IVLIVS (und spricht Julius), VITRVVIVS (Vitruvius), VLYXES (Ulyxes = Odysseus).

=> Lautwandel

Aussprache ^

Vokale:
Die Buchstaben I und U werden im Anlaut vor Vokalen als Halbvokale (wie J z.B.: Iulius; bzw. wie V z.B.: Vitruvius) gesprochen, ebenso zwischen zwei Vokalen (plebeius). U wird zwischen Q bzw. NG und folgendem Vokalen als V gesprochen (z.B.: quis, lingua), sowie in den Stammsilben sua- und sue- (suadeo, suavis, Suebi, suetus).

Konsonanten:
S wird immer als stimmloses S, nie wie deutsch sch- gesprochen (scelus, schola [= skola], spelunca, sto).

H ist fast stumm. Vgl. die Fortsetzung in den romanischen Sprachen (hora > it. ora, frz. heure)

Der Konsonant C wurde klassisch immer wie "K" ausgesprochen (vgl. die Fremdwörter Kaiser, Keller, Kiste aus Caesar, cellarium, cista), in der Spätantike wurde das C vor E (auch AE, OE) oder I (auch Y) zu einem Reibelaut verändert (vgl. Zelle, Zirkus aus cella, circus), der in den romanischen Sprachen weiterentwickelt wurde (klass. CENTUM [kentum] = 100; spätantik CENTUM [zentum]; frz. cent [ß-]; it. cento [tsch-]; sp. ciento [ßh-]).

Der Satz

Cäsar und Cicero gingen ins Konzil,
Cäsar im Zylinderhut, Cicero in zivil.
würde in klassischer Aussprache lauten:
Kaesar und Kikero gingen ins Konkil,
Kaesar im Kylinderhut, Kikero in kivil.

Eine ähnliche Lautentwicklung betrifft die Buchstabenfolge -ti- vor Vokalen, die klassisch immer als -ti-, ab der Spätantike wie -zi- gesprochen wurde (z.B.: natio). Nur nach s, t, x und in griechischen Namen blieb die Aussprache -ti- (bestia, Bruttium, permixtio, Phintias).

Betonung

Lateinische Wörter sind entweder auf der vorletzten oder der drittletzten Silbe betont. Die letzte Silbe ist mit Ausnahme von adhuc nie betont.
Zweisilbige Wörter sind auf der vorletzten Silbe betont (Róma; Ausnahme: adhúc).
Mehrsilbige Wörter sind auf der vorletzen Silbe (paenultima) betont, wenn diese lang ist (Románus), sonst auf der drittletzten (Sicília).

Wann ist eine Silbe lang ? (Quantität)

  1. Wenn sie einen langen Vokal oder Diphthong hat (Roma, caelum): Naturlänge
  2. Wenn auf einen Vokal zwei oder mehr Konsonanten folgen (libéllus, fenéstra): Positionslänge